16.8. 2018, 19.30 Uhr
Paulinum – Aula – Neue Universitätskirche Leipzig
Ampersan (Mexiko) Daniel Beilschmidt, Orgel
Barock meets Fandango
Spiegelungen mexikanischer Folksongs in Musik des europäischen Barock
Programm:
Samuel Scheidt (1587-1654)
Bergamasca
La Bamba
Son
Antonio Valente (ca. 1520 – ca.1600)
La Romanesca con cinque mutanze
Los Impossibles/Lloroncita
Son
Alessandro Scarlatti (1660-1725)
29 Partite sopra l’aria della Folía
Folía/La Petenera
Son
La Llorona
Canción istmeña
Johann Pachelbel (1653-1706)
Ciacona in f
El Fandanguito
Son
Antonio Soler (1729-1783)
Fandango
La Guacamaya
Son
La Morena
Son
Ampersan verbinden traditionelle mexikanische Klänge wie Son Jarocho und pre-hispanische Musik mit modernen Genres wie Rock, Pop, Hip-Hop, Jazz und elektronischer Musik. Begleitet und verzaubert durch visuelle Projektionen, entführen sie das Publikum in eine magische Atmosphäre. Tiefsinnige Poesie Lateinamerikas ist außerdem Bestandteil ihrer Kompositionen.
Besonders wichtig ist Ampersan die Beziehung zu alten Traditionen, die sie mit Workshops, kulturellem Austausch und Feldforschung überwiegend in Mexiko, aber auch in ganz Lateinamerika pflegen. Dies spiegelt sich in der Vielfältigkeit ihrer Musik wider, mit der sie bereits um die halbe Welt getourt sind. So traten sie auf verschiedenen internationalen Festivals wie dem NOW! Festival (USA), Vive Latino (México), Folklorum Festival (Deutschland), Encuentro de cantautores en Alta Gracia (Argentinien), Semana Mexico Jovem (Portugal), Festival Internacional Serenadas (Uruguay), oder dem Empire Music Festival (Guatemala) auf.
Die Band wurde 2007 gegründet und arbeitete seitdem auch in verschiedenen Projekten mit Tanz, Theater, Film oder Poesie. Von Ampersan liegen zwei Studio-Alben und zwei Live-Alben vor.
Die Konzertreise von Ampersan wird unterstützt von:
Daniel Beilschmidt, geboren 1978, wuchs in Rödersdorf bei Schleiz auf. Er studierte Orgel mit Konzertexamen bei Arvid Gast, Ullrich Böhme, Stefan Johannes Bleicher, Hans Fagius, Bernhard Klapprott und Michael Kapsner in Leipzig, Kopenhagen und Weimar. 2009 wurde er in das Amt des Leipziger Universitätsorganisten berufen, 2009 bis 2015 war er Assistenzorganist an der Leipziger Thomaskirche. Seit dem Wintersemester 2015/16 ist er Künstlerischer Mitarbeiter an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig.
Konzerte führten ihn über Deutschland hinaus nach Skandinavien, Belgien, Polen, Russland, die Ukraine, Argentinien, Mexiko und die USA.
Er widmet sich häufig Projekten mit kreativen Grenzüberschreitungen und arbeitete mit Theater, Tanz, Elektroakustik und der Leipziger Band „Mud Mahaka“.
2013 erschien seine Debüt-CD mit Olivier Messiaens Zyklus „Méditations sur le Mystère de la Sainte Trinité“, aufgenommen an Messiaens langjähriger Wirkungsstätte, der Èglise de la Sainte Trinité in Paris. 2017 wurde die erste Tonaufnahme aus der Neuen Universitätskirche, die CD „Fortuna desperata“ mit Orgelmusik aus Gotik und Renaissance mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet.
Seit Dezember 2017 betreut und gestaltet Daniel Beilschmidt in der Neuen Universitätskirche St. Pauli um die beiden neuen Orgeln von Metzler (II/P,7) und Jehmlich (III/P, 46)die Kirchenmusik in Universitätsgottesdiensten, Universitätsvespern und Konzerten.
Beilschmidt tritt auch als Komponist hervor, so mit Auftragswerken für die große Silbermannorgel des Freiberger Domes oder für den GewandhausChor. Im Mai 2018 wurde als Auftrag der Stiftung Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig das Stück „Visionen“ nach Texten der Bibel für zwei Solostimmen, Chor, zwei Orgeln und vier Instrumentalisten uraufgeführt.
Spiegelungen mexikanischer Folksongs in Musik des europäischen Barock
Der Abend stellt jene Lied-und Tanzformen einander gegenüber, die sich gleichermaßen in der barocken europäschen Kunstmusik finden wie im mittelamerikanischen Liedgut um 1700 finden: Folía, Fandango, Romanesca, Bergamasca, Ciacona.
Im Zuge der Kolonialisierung Mittel-und Südamerikas wurden kulturelle Austauschbewegungen in Gang gesetzt, die bis in unsere Zeit wirken. Auch auf musikalischem Gebiet kam es dabei zu vielfältigen Verquickungen, deren Entwicklung heute nicht mehr im Detail rekonstruierbar ist. Was wann wo zuerst erschien, ist – wie bei jedem Mythos – schwer zu sagen. Fakt ist: die Verschleppung afrikanischer Sklaven auf die amerikanischen Kontinente führte bereits innerhalb des ersten Jahrhunderts nach Entdeckung und Kolonialisierung der „Neuen Welt“ zu Resonanzen zwischen mittel-und südamerikanischen, afrikanischen und europäischen Musiktraditionen – und das zunächst auf amerikanischem Boden.
Was uns heute als spezifisch spanischer „Groove“ der Barockzeit erscheint – nämlich die Überlagerung von Zweier-und Dreiermetrum – geht in Wahrheit auf afrikanische Einflüsse zurück. Die iberische Musik vor der Entdeckung Amerikas war nämlich eine ganz andere! Da herrschte, wie in den anderen europäischen Ländern, Vokalpolyphonie frankoflämischer Prägung vor.
Nachweislich entstanden in den Kolonien Rhythmen und Harmoniemodelle wie Sarabande, Ciacona oder Passacaglia. Die Begeisterung, die diese Tänze nach Überquerung des Atlantiks in den europäischen Mutterländern auslösten, kann man gut mit dem Hype um die neuesten Beats aus den Laboren elektronischer Tanzmusik der letzten 30 Jahre, wie Techno, Drum’n Bass, Dubstep etc. vergleichen: jeder kennt sie und will etwas damit machen….
Jene Musik wurde nun auf beiden Seiten des Atlantiks nicht nur gespielt und gesungen, sondern auch begeistert getanzt. Und es kam zeitweise sogar zu Verboten, sowohl der Musik als auch des (als anzüglich bewerteten) Tanzes! Gleichwohl tat das ihrer Popularität keinen Abbruch – im Gegenteil: alle europäischen Komponisten von Rang haben sich mit jenen Gattungen über (mindestens) gut zwei Jahrhunderte befasst und sie in die „Kunstmusik“ überführt. Denken wir an Händels berühmte Sarabande in d-Moll, an Bachs Ciacona für Violine solo oder an Passacaglien von Bach über Brahms bis zu Ligeti!
Iberische Einflüsse wurden in gewissen Elementen des mittelamerikanischen Volkslieds über Jahrhunderte gepflegt und konserviert. Es kann angenommen werden, daß das Harmonieschema und der Rhythmus eines mexikanischen Volksliedes aus der spezifischen Tradition des Son Jarocho (wie von Ampersan dargeboten) in vielen Details wohl noch so klingt wie vor 300-400 Jahren. Was dieses Liedgut jedoch über eine rein historische Bedeutung hinaushebt, sind die unzähligen scharfzüngigen Umdichtungen und Textadaptionen eines jeden Interpreten auf das tagesaktuelle Geschehen hin.
Im heutigen Konzert kommen fünf Harmonieschemata vor, die dialogisch je in einem Orgelstück und einem „Son“, also einem jener mexikanischen Lieder/Musikstücke erklingen. Son bezeichnet sowohl die Volksmusik als auch Musikstücke der Regionen um die Karibik, den Golf von Mexiko und Guatemala. Die meisten Sones des heutigen Programms sind der Hafenregion um Veracruz zuzurechnen. Jemand oder etwas von dort heißt in Mexiko „jarocho“. Eine typische größere Besetzung im „Son jarocho“ kann aus Gesang, Harfe(n), Jaranas (gitarrenartige Instrumente, bei denen Korpus und Hals aus einem einzigen Stück Holz gearbeitet sind), Gitarren verschiedener Größen (Punteador=Diskant, Leona=Bass), Cajón (Percussion) und Marimból (größere Form des afrikanischen Daumenklaviers) bestehen. Neben Cajón und Marimbol gehört auch der Zapateado, also jener rhythmische Stampftanz mit deutlich spanisch-arabischen Einflüssen, zur Rhytmusgruppe.
La Llorona, eines der berühmtesten Lieder Mexikos, stammt aus der Region am Isthmus von Tehuantepec („Canción istmeña „) im Bundesstaat Oaxaca.
Aus dem Jahr 1732 ist aus Mexiko der Codex Saldívar überliefert. Das Manuskript wurde 1943 vom Musikwissenschaftler Gabriel Saldívar y Silva in León/Mexiko entdeckt und beinhaltet Gitarrenmusik des spanischen Komponisten Santiago de Murcía (1673-1739). Dies ist ein Beispiel für die Rückbewegung jener vormals in den Kolonien entstandenen Formen, aber auch eine Quelle für die Verbreitung weiterer, europäischer Bassmodelle und Tänze im sogenannten Vizekönigreich Neuspanien. „Los Impossibles“ beispielsweise findet sich im Codex Saldívar (es entspricht einer Romanesca), aber auch „Fandango“ und „Folias Españolas“ (Folía). Nicht zuletzt zeigt sich im Codex Saldívar der Siegeszug der iberischen Zupfinstrumente, die rasch in ganz Lateinamerika Verbreitung gefunden hatten und seit Jahrhunderten zur Volksmusik gehören.
Die Orgelstücke sind allesamt Variationswerke über einen immer wiederkehrenden Bass. Die heute erklingenden Bassmodelle bzw. Ostinatoformen sind ein kleiner Auszug aus dem zwischen etwa 1550 und 1800 in ganz Europa verbreiteten Fundus, an dem sich zahlreiche Komponisten abarbeiteten.
Veranstalter:
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Ampersan (Mexiko) – Universitätsorganist Daniel Beilschmidt (Leipzig)
„Spiegelungen mexikanischer Folksongs in Orgelwerken des europäischen Barock“
Sonntag, 19.08. 2018, 17.00 Uhr , Schloss Burgk, Schlosskapelle mit Silbermannorgel von Thema des Programmes sind Verbindungen zwischen europäischer Musik des Barock – repräsentiert in Orgelwerken von Scarlatti, Scheidt, Soler, Storace u.a., gespielt von Daniel Beilschmidt an der Silbermannorgel – und mexikanischen Volksliedern, gespielt von der mexikanischen Band AMPERSAN. Der Abend stellt jene Lied-und Tanzformen einander gegenüber, die sich gleichermaßen in der barocken europäschen Kunstmusik finden wie im mittelamerikanischen Liedgut um 1700: Folía, Fandango, Romanesca, Bergamasca, Ciacona u.a.
Im Zuge der Kolonialisierung Mittel-und Südamerikas wurden kulturelle Austauschbewegungen in Gang gesetzt, die bis in unsere Zeit wirken. Auch auf musikalischem Gebiet kam es dabei zu vielfältigen Verquickungen. Die Verschleppung afrikanischer Sklaven auf die amerikanischen Kontinente führte bereits innerhalb des ersten Jahrhunderts nach Entdeckung und Kolonialisierung der „Neuen Welt“ zu Resonanzen zwischen mittel-und südamerikanischen, afrikanischen und europäischen Musiktraditionen. Nachweislich entstanden in den Kolonien Rhythmen wie Sarabande, Ciacona oder Passacaglia. Die Begeisterung, die diese Tänze in den europäischen Mutterländern auslösten, kann man gut mit dem Hype um die neuesten Beats elektronischer Musik seit Erscheinen des Techno vergleichen…
Iberische Einflüsse wurden in gewissen Elementen des mittelamerikanischen Volkslieds über Jahrhunderte gepflegt und konserviert. Es kann angenommen werden, daß das Harmonieschema und der Rhythmus eines mexikanischen Volksliedes aus der spezifischen Tradition des Son Jarocho (wie von Ampersan dargeboten) in vielen Details wohl noch so klingt wie vor 300-400 Jahren. Was dieses Liedgut jedoch über eine rein historische Bedeutung hinaushebt, sind die unzähligen scharfzüngigen Umdichtungen und Textadaptionen eines jeden Interpreten auf das tagesaktuelle Geschehen hin.
AMPERSAN verbinden traditionelle Klänge wie Son Jarocho und pre-hispanische Musik mit modernen Genres wie Rock, Pop, Hip-Hop, Jazz und elektronischer Musik. Tiefsinnige Poesie Lateinamerikas ist essentieller Bestandteil ihrer Kompositionen. Besonders wichtig ist ihnen die Beziehung zu alten Traditionen, die sie mit Workshops, kulturellem Austausch und Feldforschung überwiegend in Mexiko, aber auch in ganz Lateinamerika pflegen. Dies spiegelt sich in der Vielfältigkeit ihrer Musik wider, mit der sie bereits um die halbe Welt getourt und auf vielen internationalen Festivals wie das NOW! Festival (USA), Vive Latino (México), Folklorum Festival (Deutschland) oder das Empire Music Festival (Guatemala) vertreten sind.
Daniel Beilschmidt stammt aus Rödersdorf bei Schleiz. Neben seiner heutigen Tätigkeit an der Leipziger Musikhochschule gestaltet er die Kirchenmusik an der Neuen Universitätskirche Leipzig. Er widmet sich häufig Projekten mit kreativen Grenzüberschreitungen. Konzerte führten ihn über Deutschland hinaus nach Skandinavien, Belgien, Polen, Russland, die Ukraine, Argentinien, Mexiko und die USA.
Weitere Konzerte im rahmen der Ampersan Tour 2018:
Fr. 20. Juli 00:15 Schaubudensommer – Schaubühne Dresden
So. 12. Aug. 20:00 Klunkerkranich – Berlin
Do. 16. Aug. 19:30 Universitätskirche – Leipzig
Sa. 18. Aug. 17:45 Lo.Fe Leipziger Osten Fest – Rabet Leipzig
So. 19. Aug. 18:00 Schloß Burgk – Freital – Museum Schloss Burgk
Fr. 24. Aug. Le petit Festival Hanko – Finland